Faradaische Chefig
- Das’s e so recht vo Herze dörfed flueche,
- chönd Protestanten als Plus verbueche.
- Will d Katholike nöd zruggstaa wänd,
- au gern emal en Fluech uf de Lippe händ,
- händ's bim Liebgott interveniert.
- De hät de Petrus kontaktiert.
- Und de hät sich, wie immer, nöd lang gwunde,
- und hät de faradaischi Chefig erfunde.
- Weder Blitz na Donner dringt je dèt ie.
- Und de Donner dine ghörsch dusse nie.
- D Welt wär wider in Ordnig gsii,
- Aber denn fallt somene Dütschen ii,
- Es gäb für d Mensche vil me hèr,
- wènn de Chefig au na fahrbar wär.
- Mer hät's, nach em erste Schreck, goutiert.
- Mer hät sowiso immer mee pressiert.
- Zyt hät eim me und me in Aspruch gnaa ...
- Drum hät mer vo deren au weniger ghaa.
- Sisch bequämer, im Auto z sitze,
- als wè'mer mit Ross und Wage mues schwitze.
- Leider hät die Gottesgab,
- will säge, das Auto vo dem Schwab,
- au vil Nachteil mit sich bracht.
- Mer hät sehr schnell d Erfahrig gmacht,
- Es sind nöd nume Menschechind,
- Wo hüt uf dene Strasse sind.
- Uf dene Strasse, für d Menschen erschaffe,
- git's je länger je mee Kamel und Affe.
- Das wäred, genau gsee, kè grossi Gfaare,
- wenn die dumme Siechen au chönted faare.
- Gseesch wyt det vorne sone Kreatur.
- Ganz langsam und brav uf de lingge Spur.
- Gsesch scho bevor'd a sym Arsch zu bisch,
- dass de i dem Auto en Schafseckel isch.
- Au de gschydsti Maa vergisst deby,
- die oben erwänti Theorie,
- dass de i dem Auto gar nöd ghört,
- was dich a sym Arsch da hine stört.
- Und de da hine mues wien en Grosse,
- das Würstli da vorne wyter stosse.
- Bis d Frau, wo immer bleicher näbed im sitzt,
- vor Angst nur na jammered und schwitzt.
- So mänge, wo bedächtig überlait.
- Und chum e mal es Wort z vil sait.
- Wird hinter dem verdammte Stüür
- zu somme kreischende Unghür.
- Jetzt sait na öppen ein, er kènn' so eine.
- Dass er sèlber so ein isch, sait fast e keine.
Texte zu König Ubu. Aufführung in der Konzerthalle St. Gallen
"Musique pour le souper du Roi Ubu" von Bernd Alois Zimmermann
Couplet 1
- Damen! Herren! Sie sind ein bisschen gestört.
- Dass sie hier sitzen, scheint mir fast unerhört!
- So kopflos ins Konzert flanieren,
- und nachher auch noch zu dinieren.
- Wo man derart den Lüsten frönt,
- da wird der Zeitgeist arg verhöhnt.
- Hätt sie der Verstand getrieben,
- wären sie Zuhaus geblieben,
- hätten das Geld brav assortiert
- morgen früh zur Bank transportiert.
- Angesichts der Sparmilliarden
- müssten sie nicht länger darben.
- Und abends vor dem Fernseher dann,
- fing das Leben erst recht an;
- Wenn sie spät denn Dow Jones zeigen
- hui, da wird ihr Blutdruck steigen!
- Ja, so friedlich möchte man sterben,
- froh umringt von seinen Erben.
Couplet 2
- Lustig, lustig klingt der Reigen,
- wenn die Fideln und die Geigen
- so beschwingt ihr Können zeigen.
- Würden die da beim Regieren
- auch so tapfer dirigieren,
- würden wir gern applaudieren.
- Aber ach, der Geigenbogen,
- er wird hin und her gezogen,
- als ob es eine Säge wär.
- Wie die zu unsern Staatsfinanzen
- a capella Tango tanzen,
- hören sie doch bitte her,
- wenn der Leuenberger leise,
- Neat singt in einer Weise,
- als hätt er keine Töne mehr.
- Während da die sieben Pfeifen
- mutig nach Europa greifen,
- pfeift der Blocher nur das hohe C,
- und von Kandersteg herunter
- tönt zu all dem, immer munter,
- Ogi’s Alphorn hinterhe - er.
- Bei so vielen Dissonanzen
- wird Musik nur noch zur Qual,
- also klatscht ihr lieben Leute,
- bei den Klängen hier im Saal.
Couplet 3
- Als die Menschen noch am Galgen hingen,
- beim Duell das letzte Öl empfingen,
- war das nicht ein fröhlich Sterben?
- Wie die heut die Leichen bergen,
- auf der Autobahn, es ist ein Grauen,
- nein, sie sind nicht anzuschauen,
- die Kinder auf den Tellerminen,
- während wir uns hier bedienen,
- am Buffet gelangweilt unsre Köpfe drehn:
- Haben sie heut König Ubu schon gesehn?
Couplet 4
- Hänschen war noch nie ein Licht,
- aber, dank Computer,
- fällt das gar nicht ins Gewicht,
- sogar rechnen tut er.
- Hänschen ist ein armer Wicht,
- kläglich jammern tut er:
- Hans kriegt seine Rente nicht,
- schuld ist der Computer!
- Ach, ist der Computer blöd,
- Hänschen kann nicht lachen.
- Alles, meint er drum ganz schnöd,
- muss Hans selber machen.
Couplet 5
- Verzeihn sie, wenn ich ungereimt parlier...
- zuweil den Faden sogar ganz verlier.
- Meiner Mutter Seele, es hat sie schwer getroffen...
- die Hebamme war, bei meiner Niederkunft...besoffen.
- Heut ist man diesbezüglich nicht mehr so in Nöten,
- dagegen treibt s die Wirtschaft bös mit ihren Föten.
- Sehr zum Aktionärsentzücken
- darf man da die Luft abdrücken,
- ja, da wird ganz unverfroren,
- jede Missgeburt geboren,
- Hauptsache, 's wird Gewinn geschrieben...
- ...derweil wird meinesgleichen abgetrieben.
- Ha!
Couplet 6
- Beim Soupée dann, nicht vergessen,
- Rindfleisch sollten sie nicht essen.
- Schweinepest? Naja, man sagt, das geht o.k.
- Hühnchen sicher, Salmonellen sind passé.
- Nitrat schmeckt besser, möcht ich wetten,
- im Salat, statt in Tabletten.
- Sollten sie beim Flunder Bauchweh kriegen,
- kann das an den Schwermetallen liegen.
- Zum Dessert hingegen äusserst gut bekommen,
- Lysterien, in Massen eingenommen.
- und, beim Heimfahr'n, tut man gut:
- Niemals mehr Glykol am Hut!
Urs Welter für Konzertverein St. Gallen
Aufführung in der Tonhalle St. Gallen, 30.10.1997