Kellerbühne St.Gallen
Urs Welter alias Hubertus Huber ist zurück: Im neuen Kabarettprogramm «Kanal 13» interviewt er gezeichnete Studiogäste. (Bild: pd) Zwei Jahre nach dem Ende des monatlichen Nachrichtens im «Drahtseilbähnli» ist Urs Welter wieder auf Sendung. In der Kellerbühne zeigt er sein neues Kabarettprogramm «Kanal 13». BEDA HANIMANN
Der Zeitpunkt Anfang Jahr ist günstig, um einen neuen Fernsehkanal zu lancieren. Am Donnerstag startet «Kanal 13» mit Direktor und Chefmoderator Urs Welter. Die Zahl dürfte dem Jahr geschuldet sein – und ein Indiz, dass da einer den Tatsachen unerschrocken ins Auge blickt. Während andere ängstlich und abergläubisch vom Jahr 2012a reden, lässt er sich von der Unglückszahl nicht beirren. Vielleicht will er damit gerade andeuten, dass hier einiges schieflaufen wird. Nicht mit seinem Kanal, sondern mit dem, worüber zu berichten sein wird. Mit der Welt also, mit der Schweiz, der Ostschweiz, mit uns.
Eine grosse Fernsehkiste Aber genug der Spekulationen. Wir treffen Welter vor dem Sendestart zum Gespräch im «News» am Oberen Graben. Das drängte sich auf für einen angehenden Fernsehdirektor und langjährigen Nachrichtensprecher. Über elf Jahre trat Urs Welter einmal im Monat als Nachrichtensprecher Hubertus Huber im «Drahtseilbähnli» auf. Seine Lebenspartnerin Ruth Hollenstein war dort Wirtin, und für Welter war immer klar: Wenn sie aufhört, wird auch die satirische Nachrichtensendung nach zehn eingestellt.
Vor bald zwei Jahren war es so weit. Für Welter indes war ebenso klar: In der Versenkung verschwinden geht nicht, zumal er nach dem Verkauf seines Fotostudios neue Kapazitäten hatte. Schon vor den letzten Nachrichten im «Drahtseilbähnli» hat er das neue Projekt aufgegleist, den Fernsehsender «Kanal 13». Der lange Vorlauf war auch nötig. Im Vergleich zu den Radionachrichten und zu seinen Auftritten an der Fasnacht ist «Kanal 13» eine richtig grosse Kiste.
Blocher, Gallus, Leuenberger «Das wird ganz anders», sagt Welter, «das sind richtige Geschichten, ich werde einen Abend lang auf der Bühne agieren.» Was bleibt, ist die Figur des Hubertus Huber, der moderiert und Gespräche führt. Er operiert mit einer Leinwand, auf der seine Interviewpartner zugeschaltet werden – als gezeichnete Figuren. Damit macht Welter eine weitere Leidenschaft urbar; gezeichnet habe er schon sein Leben lang.
Auf «Kanal 13» sind Interviews mit Christoph Blocher oder Gallus programmiert, es gibt einen heimlich aufgenommenen Beitrag über eine Sitzung zur Eurokrise und ein Gespräch mit alt-Bundesrat Moritz Leuenberger. Den spielt er in Umkehrung der Rollen selbst, während ein gezeichneter Roger Schawinski die Fragen stellt. «Leuenberger habe ich jahrelang imitiert, so eine Figur gibt man nicht gerne auf», schmunzelt Welter.
Ein Viertel Ton zu tief Mit seinem Fernsehprojekt beleuchtet Welter nicht nur das politische Geschehen satirisch, er nimmt auch das Medium Fernsehen aufs Korn: «Ich verarsche die Geschwätzigkeit von Talkshows.» Gross karikieren muss er dafür nicht, will er auch nicht. Eine eigene Wirklichkeit nahe der Wirklichkeit zu zeigen, das sei es. «Um musikalisch zu sprechen: Ich bin lieber nur eine Viertel Note zu hoch oder zu tief, dass es fast richtig, aber doch leicht schräg tönt. Das finde ich spannend», sagt er.
Dass auch bei grösserem technischem Aufwand die Sprachpräzision des Nachrichters Huber ein Markenzeichen bleiben wird, lässt sich aus Welters Vorabbericht erahnen. Er habe etwas im Programm über die St. Galler Regierung, die aus Spargründen ihre Büros aufgibt und unter der Fürstenlandbrücke campiert, wo sie auch selber kocht. Wo sie ihr eigenes Süppchen kocht, wie er süffisant formuliert.
Schloss Dottenwil
Gallus auf «Kanal 13» im Schloss WITTENBACH. Ausverkauft war die Kabarettvorstellung «Kanal 13» von Urs Welter schon lange. Die meisten Zuschauer waren am Samstag von St. Gallen ins Dottenwil gekommen. Für viele stellten das Schloss und sein Museum die erste Entdeckung des Abends dar. «Eine sehr angenehme Überraschung», wie eine Gruppe älterer Frauen und Herren bemerkte.
Gallus auf der Suche nach Bier Urs Welter alias Hubertus Huber wagte den Sprung in die Fernsehwelt. Mit Hilfe eines Trickfilms führte er Interviews, unter anderem mit «seiner Heiligkeit» Gallus. Alles selbst gezeichnet und der eigenen Phantasie entsprungen. Dass Gallus just zum Jubiläumsjahr in seinem neuen Programm Platz gefunden habe, sei eher Zufall. Gallus sei spontan hineingerutscht. Unter anderem begibt sich Gallus auf die Suche nach Bier und beschwert sich über die nackten Nachbarsfrauen, die ihn verführen wollten. Sie sollen alle zu Puten in der Kirche werden.
Publikum gespalten Später widmet sich der Kabarettist der Eurokrise oder führt überspitzte Interviews mit Blocher und Leuenberger. Ins Lächerliche zieht Welter die Talkshow im Happy Life Studio. Die Peinlichkeit der parodierten Show übertrifft sogar das Original. Die Zuschauer zeigten sich überrascht. Manche trauerten dem «alten» Huber nach. Das sei nicht mehr lustig, fand eine Appenzellerin. Andere bewunderten Welters Mut, etwas Neues zu wagen. (dsh)